Commodore Amiga 3000: Wiederbelebung nach über 20 Jahren
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Tom -
12. Januar 2020 um 15:18 -
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Amiga von Commodore
Den jüngeren Lesern werden die Marken Commodore und Amiga nicht mehr viel sagen, leider ist Commodore Mitte der Neunziger Jahre pleite gegangen und damit war auch das Ende des Amigas besiegelt. Keines der Unternehmen (Escom, Amiga International, etc.) die sich die Rechte nach der Pleite gesichert hatten kamen mit dem Amiga auf denen grüne Zweig und so folgte eine Pleite nach der anderen bis der Verkauf und die Weiterentwicklung letztendlich, um 1998 herum, eingestellt worden ist. Da eine Weiterentwicklung seit 1992 praktisch nicht mehr statt fand wurde der Amiga auch technisch mittlerweile von allen Konkurrenten überholt.
Software (AmigaOS) und Technik waren Anfang der 90er Jahre fortschrittlicher als das was von Microsoft und IBM veröffentlicht wurde. DOS, Windows, XTs, ATs, wirklich schön waren die Zeiten nicht. Ein großer Vorteil von AmigaOS war die Maus die schon beim ersten Amiga 1985 tief in die Bedienung verankert war. Ähnliche Konzepte gab es damals nur von Atari und Apple.
Mein erster richtiger PC war ein Amiga 2000, das war um 1990 rum, abgelöst wurde er von dem jetzt aufgetauchtem Amiga 3000. Das müßte so um 1993 herum gewesen sein. Ich habe ihn ziemlich lange verwendet, die letzten Mails die in YAM (Yet Another Mailer) zu finden sind stammen von 1999.
Amiga 3000
Auch damals hat man seine Geräte aufgerüstet und so wurde auch mein Amiga 3000, im Laufe der Zeit, mit diversen Erweiterungen ausgestattet. Ab Werk kam das Gerät recht spartanisch daher, verbaut war eine Motorola 68030 CPU mit Co-Prozessor, 2 MB (Chip)-Ram und einer Festplatte. Der Amiga 3000 war der erste vollständige 32-Bit-Computer von Commodore. Das brachte vor allem im Bereich Schnittstellen und Übertragsleistung noch mal einen deutlichen Leistungssprung.
Die letzte und aktuelle Ausbaustufe sieht wie folgt aus:
CPU-Karte
Eingebaut ist eine Cyberstorm 040 Mk2 von phase5 ausgestattet mit einem Motorola 68040 getaktet mit 40 MHz. Dazu gesellen sich 48 MB (Fast-)Ram. Warum da nur drei Speicherriegel mit je 16 MB drin stecken und keine 4? Ich weiß es nicht. Vermutlich ist mir irgendwann mal ein zusätzlicher Riegel in die Hände gefallen. Wenn ich mich richtig erinnere könnte der aus einem alten Drucker gestammt haben. Für damalige Verhältnisse waren die 48 MB Ram jedoch mehr als ausreichend und bei normalen Anwendungen kaum auszulasten.
Grafikkarte
Hier kommt eine Picasso IV von Village Tronic mit 4 MB Ram zum Einsatz. Sie gehörte damals zu den schnellsten Grafikkarten für den Amiga, wenn sie nicht sogar die schnellste war. Mit ihr lassen sich problemlos Auflösungen von 1024x768 in 24 Bit Farbtiefe darstellen. Eine Nummer größer, 1280x1024 ist dann aber nur noch in 8 Bit möglich, zumindest wenn es augenfreundlich sein soll.
Videodigitizer
Zum digitalisieren von analogen Videomaterial kam eine VLab zum Einsatz. Heute dürfte die Verwendung eines analogen Digitizers gegen Null gehen. Ich habe nicht mal mehr irgend etwas das analoge Daten ausgibt und ich ich denke ich werde die Karte nicht mehr verwenden sondern gut verpackt verstauen. Mit einem TV-Tuner konnte man so übrigens auf der Workbench fernsehen da man mit der VLab Videosignale in einem Fenster darstellen konnte. MacroSystem gibt es heute sogar noch und das Unternehmen ist nach wie vor auf Videoschnitt spezialisiert. Der Nachfolger der VLab, die VLab Motion war seinerzeit eine kleine Revolution im Bereich Echtzeitvideoschnitt.
Laufwerke
Diverse SCSI-Festplatten von Quantum, SCSI-CDROM und ein SCSI-DAT-Streamer für die Datensicherung.
Das Aus
Mein Studium bedeutete dann letztendlich das Aus für den Amiga da es keine oder keine gleichwertige Software für meine Anforderungen gab. Damals bin ich letztendlich zu Apple gewechselt und habe mir einen der Bonbon-PowerMacs der neuen Generation gekauft. Ein PowerMac G3 mit 300 MHz, mittlerweile ist der ja auch schon „retro“ und den könnte ich auch mal vorstellen.
Läuft er oder läuft er nicht?
Ich habe natürlich dem Drang nachgegeben nachzusehen ob der Amiga noch läuft. Ich hatte ja nicht damit gerechnet, aber nach dem ersten Einschalten nach knapp 20 Jahren zeigte der Amiga tatsächlich ein Bild das eine Aufforderung zum Einlegen einer Diskette anzeigte und die Festplatten ratterten vor sich her.
Einerseits war ich froh immerhin ein Bild zu sehen, LCD-Bildschirme gab es damals nicht und die Frequenzen zur Ansteuerung waren ganz andere. Aber auf der anderen Seite sollte der Amiga eigentlich das installierte AmigaOS 3.1 von eine der Festplatten starten.
Eine der Festplatten hörte man lautstark anlaufen, also sollte sie nicht defekt und startfähig sein. Das Bootmenü zeige auch eine Festlatte an, aber es gelang mir nicht die Installation zum Starten zu bewegen.
SCSI und der Terminierungsalptraum
Leider ist im Gehäuse des Amiga 3000 nicht sonderlich viel Platz, man kann maximal 2 Diskettenlaufwerke und zwei Festplatten unter bringen. Platz für ein CD-ROM gibt es nicht. Also habe ich einen Teil der Laufwerke in einem externen SCSI-Gehäuse unter gebracht.
Anders als heute kann man bei so alten PCs nicht einfach beliebig Geräte ohne viel Nachzudenken anschließen. Beim integrierten SCSI-Bus, der auch externe Geräte unterstützt, muß man beispielsweise dem Controller mitteilen welches das erste und welches das letzte Gerät in der Kette ist. Das geschieht mit Widerständen, den sogenannten Terminatoren. Nur das erste und das letzte Gerät dürfen so einen Terminator besetzten, sonst kann es zu Problemen auf dem Bus kommen.
Diese Terminatoren waren auch der Grund dafür das der Amiga nicht von der internen Festplatte startete.
Ich wusste gar nicht mehr wie genau die Geräte geschaltet waren. Aufgetaucht sind drei Festplatten (zwei davon in Wechselrahmen), ein CD-ROM und ein DAT-Streamer.
Vorgefunden habe ich eine terminierte, interne SCSI-Festplatte an einem nicht terminierten SCSI-Controller. Ich habe zuerst versucht die Kette mit einem externen Terminator zu schließen. Erfolglos, der Amiga blieb so gleich beim Start mit einer gelb leuchtenden Aktivitäts-LED hängen. Also habe ich das externe SCSI-Gehäuse angeschlossen, aber auch hier gab es kein Erfolg. Ich habe dann versucht den externen Anschluß passiv und aktiv zu terminieren, auch das hat nicht funktioniert.
Also ich dann das externe Gehäuse auseinander genommen habe, ist mir aufgefallen das sowohl das CD-ROM, als auch alle Festplatten im Wechselrahmen terminiert waren. Keine Ahnung was ich damals angestellt habe, das ist jedoch schon mal falsch und konnte so nicht funktionieren.
Nachdem ich Terminatoren vom CD-ROM entfernt und das externe Gehäuse angeschlossen habe, startete der Amiga dann endlich von der externen Festplatte.
Warum allerdings auch weiterhin kein Start von der internen Festplatte möglich ist, erschließt sich mir nicht. Da ich jedoch nun auch vom externen System auf die Daten der internen Festplatte zugreifen kann, ist das nicht weiter schlimm.
TFT-Bildschirm an 24 Jahre alter Grafikkarte?
Ja, das geht. Zum Glück kann der Amiga 3000, im Gegensatz zu allen anderen Amigas, ein Bildschirmsignal mit 31 kHz Horizontalfrequenz ausgeben und so eigentlich an fast jedem Bildschirm mit VGA-Anschluß ein Bild anzeigen. Ganz ohne Grafikkarte sind so 640x512 mit 50 Hz und 31kHz möglich. Wenn ich mich nicht täusche ist der Amiga 3000 (inkl. Tower) der einzige Amiga der das kann, alle anderen Amigas können nur 15 kHz ausgeben, das reicht für viele TFT-Bildschirme nicht aus.
Glück im Unglück hatte ich bei der Konfiguration der Bildschirmmodi der Grafikkarte. Hier war ein Modus eingestellt den mein TFT-Bildschirm eigentlich nicht unterstützt. Auf Röhrenbildschirmen hat man ja immer versucht die Wiederholfrequenz so hoch wie möglich einzustellen damit das Bild nicht flackert, am besten 90 oder 100 Hz. Bei TFT-Bildschirmen ist das jedoch nicht notwendig, darum unterstützen sie nur um die 60 -70 Hz, das reicht für ein flimmerfreies Bild völlig aus.
Auf dem System waren jedoch 80 Hz eingestellt und eigentlich kann der Bildschirm das so nicht darstellen und entsprechend war auch eine Meldung vom Bildschirm zu sehen das der Modus nicht unterstützt wird, angezeigt wurde das Bild dennoch. So konnte ich dann alle Bildschirmmodi auf 60 Hz Bildwiederholfrequenz umstellen so das die Verwendung des TFT kein Problem mehr darstellt.
Mit der Picasso IV sind so unter anderem Auflösungen bis 1024x768 in 24 Bit Farbtiefe bei 60 Hz möglich. Mein Bildschirm hat leider eine native Auflösung von 1280x1024. Das schafft die Picasso IV leider nur mit 256 Farben in 60 Hz. Will man mehr Farben verwenden, dann rutscht die Bildwiederholfrequenz unter 60 Hz und der Bildschirm schaltet ab.
1024x768 sehen aber noch ganz ordentlich aus, auch wenn das Bild skaliert ist, daher kann ich erst mal damit leben. In 1280x1024 finde ich die Bedienelemente vom OS aber auch zu klein, mehr als 1024x768 würde ich aktuell auch gar nicht dauerhaft verwenden wollen. Ich hatte den Amiga seinerzeit an einem 15 Zoll Röhrenbildschirm betrieben.
Der Zahn der Zeit
Leider ist die Einlagerung nich spurlos am Gerät vorbei gegangen. Da wäre zu erst ein mal der Akku für die Uhr. Mittlerweile ist das ein bekanntes Problem, ich habe leider erst jetzt davon erfahren und entsprechend ist es natürlich auch zu spät, der Akku ist undicht geworden und hat Batteriesäure über die Platine verteilt.
Ich habe den Akku sofort ausgebaut und die Batteriesäure inkl. Korrosion so gut wie möglich provisorisch entfernt und alles mit Kontakt WL gereinigt. Größere Schäden sind nicht entstanden, allerdings ist es notwendig hier zeitnah eine Reparatur durchzuführen um weitere Folgeschäden zu verhindern.
Ein weiteres Problem ist das Diskettenlaufwerk, das liest keine Disketten mehr und startet auch nicht von selbigen. Nach dem Einlegen erscheint auf der Workbench (die Oberfläche von AmigaOS) DF0:Unlesbar (DF0: ist die Bezeichnung des Laufwerkes).
Dann gibt es noch ein Problem mit den Mausports. Die Maus funktioniert nur auf dem ersten Port, der zweite Port ist funktionslos.
Hier gibt es nun mehrere Fehlerquellen. Zum Beispiel können die Kondensatoren des Diskettenlaufwerks mittlerweile auch undicht sein. Eine erste Sichtprüfung ergab hier allerdings keine Auffälligkeiten. Ich habe auch die Leseköpfe mit Kontakt WL gereinigt, aber der Fehler bleibt weiterhin bestehen.
Bei Problemen mit den Laufwerken kann sowohl der Customchip Paula eine Fehlerquelle sein als auch die beiden CIA-Chips. Das trifft auch für Probleme mit den Mausports zu, hier dienen ebenfalls die CIAs zum Ansteuern. Da jeder Amiga zwei identische CIAs hat kann man die untereinander tauschen und schauen was passiert. Ich habe das ebenfalls mal gemacht konnte aber keinen Unterschied feststellen.
Der Chip Paula liegt im Einflussbereich des Akkuschadens, es kann gut sein das hier auch Kontaktprobleme vorliegen und so die Funktion des Diskettenlaufwerks gestört wird.
Dann sieht es so aus als ob eine Festplatte den Geist aufgegeben hat, sie läuft nicht mehr an, bzw. bricht die den Versuch anzulaufen mehrfach ab. Eine andere Festplatte läuft hin und wieder nur nach einem Stoß an. Die interne Festplatte macht keine Faxen und läuft auch weiterhin problemlos an.
Und der Gilb hat leider auch zugeschlagen. Ein Teil der Tastatur war nicht richtig abgedeckt und hat sich mittlerweile sichtbar Gelb verfärbt. Das ist zwar nur ein optischer Mangel, aber schön sieht es nicht aus.
Enthusiastenszene
Es ist kaum zu glauben, aber die Amigaszene ist auch heute noch extrem aktiv. Es gibt nicht nur Enthusiasten die sich um den Erhalt der vorhandenen Gerätebasis kümmert, es werden auch neue Produkte entwickelt. So gibt es zum Beispiel neue CPU-Karten und IDE-Kontroller von Unternehmen wie iComp aber auch privat entwickelte Produkte und welche die über Kickstarter oder Indigogo finanziert werden.
Es gibt mittlerweile sogar komplett neue Hardware die die alte Amigahardware einfach emuliert. Darüber hinaus gibt es auch neue Platinen zu kaufen so das man sich sogar einen fast ganz neuen Amiga selbst zusammen löten kann.
Selbst das AmigaOS bekommt mittlerweile wieder Updates und wird aktiv weiter von Hyperion Entertainment weiter entwickelt.
Kurz gesagt, es gibt eigentlich nichts das es nicht gibt, allerdings muß man bereit sein eine Menge Geld in die Hand zu nehmen. Günstig ist der Amiga heute nicht mehr.
Wie geht es weiter?
Grundsätzlich sind die Fehler bisher keine größeren Dinge, der Amiga läuft noch stabil. Zumindest soweit ich das als Laie sagen kann. Die Festplatte die kaputt gegangen ist war nur ein Backuplaufwerk. Zumindest vermisse ich keine Daten. Alles an was ich mich erinnern kann habe ich auf den beiden verblieben Festplatten gefunden.
Es ist nicht so das ich auf die Daten angewiesen bin, aber es ist doch ganz interessant mal wieder in vergangenen Zeiten zu schmökern. Darum will ich primär erst mal versuchen die Daten zu sichern.
Mittlerweile gibt es auch kaum mehr größere Amigas zu kaufen. Wenn welche angeboten werden die noch laufen, dann gehen die zu absurden Preisen weg. Selbst für defekte Geräte werden mehrere hundert Euro aufgerufen. Alleine schon aus dem Grund des Werterhaltes lohnt sich eine Restaurierung.
Daten retten, das heißt irgendwie müssen die Daten von den SCSI-Festplatten auf ein anderes Medium übertragen werden. Nebenbei suche ich nach einer Möglichkeit die lärmenden Festplatten gänzlich los zu werden. Wahnsinn was für ein Lärm der Amiga macht, ich kann es mir kaum mehr vorstellen überhaupt noch kürzere Zeit an so einem lauten Gerät zu sitzen.
Wie genau das allerdings genau gehen soll weiß ich noch nicht. Aber zu erst steht eine Überholung der Hardware an.
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